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Für einen Tag haben fünfzehn Mitarbeiter verschiedener Unternehmen – allesamt Partner von Teach First Deutschland – ihren Arbeitsplatz gegen die Schulbank getauscht. Der Anlass: Als Volunteers unterstützen sie ein Projekt an einer Ganztagsstadtteilschule in Hamburg, in dessen Rahmen sich Jugendliche intensiv auf ihre berufliche Zukunft vorbereiten. 

Ein Freitag Ende Oktober, einen Tag vor den Herbstferien, 9:05 Uhr. An der Schule am Mümmelmannsberg sitzen 21 Schülerinnen und Schüler etwas unruhig auf den Klappsitzen der ersten fünf Reihen der Schulaula. Vor einigen Schülern liegen Zettel, die sich, wenn man genauer hinschaut, als Bewerbungsschreiben entpuppen. Gleich soll der letzte Tag der Projektwoche „Building Existence“ (s.u.) beginnen. Die Aufregung der Jugendlichen ist spürbar, es wird hektisch durcheinander geredet. Grund dafür ist sicherlich die anstehende ungewöhnliche und für viele herausfordernde Aufgabe, die die Schülerinnen und Schüler noch von den Herbstferien trennt. Allerdings kann es auch damit zu tun haben, dass sich vorne, auf der Bühne der Aula, fünfzehn Erwachsene sammeln, die sich sonst nicht an dieser Schule wiederfinden.

Sie sind heute gekommen, um mit den Jugendlichen zu üben. Anhand der in der Projektwoche erstellten Lebensläufe der Schülerinnen und Schüler wollen diese Volunteers nun die unliebsamen Vorstellungsgespräche mit den Schülern üben, ihnen dabei Hinweise geben und Ängste nehmen. Dazu gilt es erst einmal Vertrauen zu schaffen. „Ich war selbst Schüler an dieser Schule. Ich weiß, wie das hier ist“, sagt einer der Männer im Anzug. Und es gibt noch einen weiteren Volunteer, der früher ebenfalls Schüler an dieser Schule war, die in einem sogenannten sozialen Brennpunkt liegt. Beide arbeiten nun bei der Barclays Bank und werden neugierig von den Schülerinnen und Schülern beäugt.

Berufswünsche früher und die Realität heute

Die 15 Volunteers stellen sich vor. Besonders spannend: Sie blicken zurück auf den Berufswunsch, den sie hatten, als sie selbst noch 14 oder 15 Jahre alt waren: Lokführer, Basketballer, Arzt. Alles ist dabei. Nun arbeiten sie für Accenture, Barclaycard, die Deutsche Post oder Henkel.

Bevor die Schülerinnen und Schüler in den simulierten Vorstellungsgesprächen selbst über ihre Berufswünsche sprechen werden, holt Benjamin, ein Berater von Accenture, sie noch einmal ab: Wie bereite ich mich auf ein solches Gespräch vor? Mit welchen Fragen muss ich rechnen? Und wie ist es ihm selbst früher in Gesprächen ergangen? In einer Simulation eines misslungenen Vorstellungsgesprächs auf einer Messe zeigen die Schülerinnen und Schüler, dass sie verstanden haben, worauf es in dieser Art Gespräch ankommt.

Nun steht dem eigentlichen Höhepunkt des Tages, den Bewerbungsgesprächen der Schüler, nichts mehr im Wege. Jeweils zwei Jugendliche und zwei Volunteers suchen sich einen Raum und nutzen die Arbeitsphase: Die Jugendlichen lernen, wie sie sich persönlich vorstellen, können üben, wie sie auf unerwartete Fragen reagieren und haben auch Gelegenheit, sich ein Feedback zu ihren Bewerbungsunterlagen einzuholen. Ein Schüler kommt nach einer guten Stunde in die Aula gestürmt und ruft seinem Mitschüler entgegen: „Der Typ von der Bank war echt cool!“ Die Teams kommen nach und nach in die Aula zurück; alle gerade noch auf Herz und Nieren geprüften jungen Bewerberinnen und Bewerber sind nun gelöst. Ein Volunteer wendet sich begeistert einem anderen zu: „Dieses eine Mädchen hat mich nach zwei Minuten überzeugt. Wirklich beeindruckend – aus ihr wird was!“

Ein erneuter Besuch ist erwünscht

Ein solcher Tag in der Schule kann Großes bewirken. Die Schülerinnen und Schüler haben dies sowohl durch ihre mündlichen Kommentare während des Workshops, als auch anschließend schriftlich bestätigt: Nicht nur einmal konnte man in den Feedbackbögen lesen, dass „die Leute wiederkommen“ sollen.

Daher: An dieser Stelle sagen nicht nur Julius Liebisch (Fellow) und Julia Schulte im Hof (Lehrerin) Danke im Namen von 21 Schülerinnen und Schülern, die durch die Zeitspende der Volunteers nicht nur wahrhaftig etwas „fürs Leben“ lernen konnten, sondern zusätzlich sehr viel Wertschätzung erfahren haben. Auch Teach First Deutschland sagt Danke für die tatkräftige Unterstützung in diesem tollen Projekt.

 

INFO // Das Projekt „GSM – Building Existence“ wurde im Oktober 2016 bereits zum dritten Mal an der Ganztagsstadtteilschule am Mümmelmannsberg dank eines Fellows von Teach First Deutschland ermöglicht. Die Projektwoche sieht eine intensive und vielseitige Vorbereitung von Schülerinnen und Schülern zwischen 14 und 16 Jahren auf ihre berufliche Zukunft vor. Am Ende der Projektwoche unterstützen seit der ersten Projektrunde Volunteers aus der Wirtschaft eine Simulation, in der Schülerinnen und Schüler das Format eines Bewerbungsgesprächs kennenlernen. Erstmalig kamen in diesem Jahr Volunteers aller Praxispartner von Teach First Deutschland (Accenture GmbH, Barclaycard Barclays Bank PLC, Deutsche Post DHL Group und Henkel AG & Co. KGaA) auf dem Mümmelmannsberg zusammen und stellten die zukünftigen Bewerberinnen und Bewerber auf die Probe.

 

Autorin: Dr. Wiebke Rasmussen ist Mitarbeiterin bei Teach First Deutschland. Sie kümmert sich von der Berliner Zentrale aus um unsere Partner und Förderer.