Student Leadership, Growth Mindset, authentische und restriktive Aufgaben – die zweite Fortbildung der Klasse 2016 war wieder eine intensive Zeit mit jeder Menge Input und einem regen Austausch.
Ende März fand die zweite Fortbildung der Klasse 2016 in Bielefeld im Naturfreundehaus statt. Der GANZEN Klasse 2016! Ob aus Berlin, Hamburg, Baden-Württemberg, Hessen oder Nordrhein-Westfalen – alle Fellows haben sich dort getroffen und für drei Tage mit Themen wie Leadership und Unterrichten beschäftigt. Vor allem stand aber der Austausch untereinander im Vordergrund.
Meine persönlichen Highlights am ersten Tag waren die Weiterarbeit und der Austausch über die individuellen Visionen für unseren Schuleinsatz sowie der Workshop zu „Growth Mindset“. Wir Fellows sind an unseren jeweiligen Einsatzschulen, weil wir die Version von Teach First Deutschland teilen, dass jedes Kind die Schule mit einem Abschluss verlässt und mit dem festen Glauben an den eigenen Erfolg. Darüber hinaus haben wir bereits schon vor unserem Einsatzbeginn im letzten Jahr unsere eigenen Visionen formuliert. Meine lautet folgendermaßen: „Meine Schüler*innen denken in Chancen und nehmen sich als aktiven Teil der Gesellschaft wahr. Sie glauben an ihre eigenen Fähigkeiten und kennen Alternativen um mit Herausforderungen zurecht zu kommen.“
Wie können die Schüler*innen ihre Selbstwirksamkeit erfahren?
Diese Visionen sind deshalb so wichtig, denn Schülern und Schülerinnen mit einem Vertrauen in ihr eigenes Können fallen Herausforderungen leichter. Durch selbstwirksames Handeln steigt ihr Selbstbewusstsein und ihre Fähigkeit, mit Rückschlägen umzugehen, und sie nehmen sich selbst als Ursache und Wirkende wahr. Für die Selbstwirksamkeit unserer Schüler und Schülerinnen gibt es vier Quellen: Eigene Leistungserfahrungen, Leistungserfahrungen von Vorbildern, glaubwürdiges Lob und die eigenen affektiven Zustände. Kurzfristig bedeutet dies für meinen Schuleinsatz, dass meine Schüler*innen vermehrt positive Leistungserfahrungen, zum Beispiel durch Projektunterricht, sammeln sollen und ich meine Art des Lobens genauer betrachte. Auch hierbei half mir der Workshop, indem die richtige und glaubwürdige Art des positiven Verstärkens thematisiert wurde. Denn ein dynamisches Selbstbild, davon geht die Forschung aus, bedeutet, dass Fähigkeiten und Intelligenz grundsätzlich entwicklungsfähig und veränderbar sind. Durch die richtige Art des Lobens wird der Fokus dann auf die Anstrengungen und die Lernentwicklung gesetzt und nicht auf Noten und einen Mangel an Kompetenzen. Was heißt das konkret? Ich versuche also, zu meinen Schülern und Schülerinnen im Förderkurs zu sagen: „Du bist auf einem guten Weg.“; „Gut mitgearbeitet.“; „Du hast dich sehr gut angestrengt.“; „Gib nicht auf, nur weil du etwas noch nicht kannst.“.
Der zweite und dritte Tag der Fortbildung standen ganz unter dem Fokus „Unterrichten und Austauschen“. Ob während des Barcamps oder beim Impact Partner Award, Zeit und viele unterschiedliche Gesprächspartner ermöglichten inspirierende, anregende und zum Teil auch nachdenklich machende Konversationen. Diese werden meinen weiteren Weg als Fellow und auch darüber hinaus beeinflussen. Für meinen Schuleinsatz konkret waren der Donnerstagvormittag in den jeweiligen Regionalgruppen und der Freitagvormittag mit den von mir besuchten Workshops zu den Themen „Schreibanlässe schaffen“ und „Planung von Sprachunterrichts-Stunden“ relevant. In der Regionalgruppe NRW haben wir uns an jenem Donnerstag mit den Stundenein- und -ausstiegen beschäftigt und dabei kurze Videosequenzen von unseren eigenen Unterrichtsstunden analysiert. Die Analyse und der Input der Gruppe zu meinem Stundeneinstieg waren wie immer sehr hilfreich – die Gruppe meiner Mitfellows ist für jede Fragestellung und Herausforderung eine vielfältige und reiche Ressource. Der Workshop „Schreibanlässe schaffen“ hat für mich gute Anregungen gegeben, wie ich dem Satz „Und was soll ich jetzt schreiben? Das kann ich doch eh nicht.“, von meinen Schüler*innen begegnen beziehungsweise ihn vermeiden kann. Nämlich durch eine kleinschrittigere Arbeitsweise und der Fokussierung darauf, dass sie erst einmal überhaupt etwas schreiben, immer wieder bearbeiten und erweitern. Fehler sind hierbei erst einmal zweitrangig. Durch einen motivierenden Schreibanlass wie einen Postkartenaustausch mit den Schülern und Schülerinnen anderer Fellows versuche ich nun meinen Willkommensschüler*innen die Angst vor dem Schreiben und dem leeren Blatt zu nehmen.
Welche Vorteile bieten authentische und restriktive Aufgabenstellungen?
Im Workshop „Planung von Sprachunterrichts-Stunden“ ging es dann um die Sequenzierung von Unterrichtsbestandteilen. Besonders die Unterscheidung von authentischen und restriktiven Aufgabenstellungen war hier interessant für mich: Restriktive Aufgaben, wie didaktisierte Lückentexte im Lehrbuch, sind für Sprachbeginner nötig, doch authentische, eine Zeitschrift lesen oder Postkarten an reale Personen schreiben, enthalten ein enormes Motivations-Potenzial.
Man kann es schon herauslesen: Auch diese Fortbildung war wieder eine Fundgrube an fachlichen Inhalten, neuen Ideen, Inspirationen und vor allem geprägt durch den tollen Austausch zwischen meinen Mitfellows aus allen Bundesländern. Gemeinsam nochmal an einem Ort zu sein, nun nicht mehr hypothetisch über unseren Einsatz sprechen zu müssen, sondern dieses Mal konkrete Ausgangslagen in den unterschiedlichen Bundesländern zu haben und sich darüber zu verständigen, war ein tolles Erlebnis.
Nina-Vanessa Warnecke ist Fellow an der Gesamtschule Weierheide in Oberhausen. Dort arbeitet sie schwerpunktmäßig mit Kindern mit Fluchterfahrung.