Einblicke in das digitale Klassenzimmer
Die Schülerinnen und Schüler von #Digifellow Dajana Jost benutzen ihr Smartphone auch im Unterricht. Ist das sinnvoll? Und wie! Dajana erzählt uns, wie ihre Schülerinnen und Schüler das Smartphone auch zum Lernen gut nutzen können, welche Apps sich für den Unterricht eignen und welche alternativen Suchmaschinen es gibt. In Herten stärkt Dajana im gemeinsam mit der RAG-Stiftung initiierten Pilotprojekt „Bildungsgerechtigkeit im digitalen Zeitalter“ vor allem die digitalen Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler.
In den letzten Monaten wurde das Ungeheuer immer größer: der Schulabschluss. Alle sprechen davon. Alle scheinen irgendwie von dieser Sache beeindruckt zu sein. Alle, außer die Schülerinnen und Schüler der 10a an der Martin-Luther-Europaschule in Herten. Zu Beginn des Jahres legen wir deshalb in einer Mathestunde einen kurzen Moment der Zukunftsvisionen ein, spulen in Gedanken vor und überblicken die nächsten Monate. Gute vier Monate bleiben jetzt noch, um sich auf die zentralen Abschlussprüfungen vorzubereiten. Die Kids sind guter Dinge: „Das ist ja noch eine Ewigkeit. Kein Grund zur Eile. Boah, warum stressen denn eigentlich alle so. Die sollen mal chillen!“ Das ist die einhellige Meinung. Noch immer scheint es nicht ganz real, dass der morgendliche Weg zur Martin-Luther-Europaschule bald nicht mehr gegangen, gefahren oder geskatet wird.
In den Monaten der Vorbereitung gibt es Hochs und Tiefs. Häufig rege ich mich auf, dass den Kids die Relevanz dieser finalen Schulzeit nicht klar zu werden scheint. Größter Konfliktpunkt dabei: das Smartphone. Den Schülerinnen und Schülern fällt es schwer, sich zu trennen. Es scheint, als würde man ihnen den Sauerstoff nehmen. Man sieht, sie pflegen eine innige Beziehung zu ihrem Wegbegleiter. Und kann man es ihnen verübeln? Ich kann es nicht. Auch ich möchte auf mein Smartphone nicht verzichten. Ich finde Wege, weiß wie viele Minuten die Bahn zu spät ist, halte Kontakte in alle Welt und lerne ein bisschen Spanisch.
#Digifellow Dajana setzt das Smartphone in ihrem digitalen Unterricht bewusst ein.

Warum also bin ich so streng mit meinen Schülerinnen und Schülern? Die Diagnose ist einfach: Ich bin auf den Zug aufgesprungen und habe die Skepsis dem Smartphone gegenüber übernommen. Das muss sich ändern. In meinen Stunden werden von nun an gemeinsam Regeln vereinbart, wie man die Handynutzung für alle gewinnbringend gestalten kann. Zusammen überlegen wir, wie man das Smartphone auch zum Lernen gut nutzen kann. Wir lernen, wie man mit digitalen Sprachtrainern auch im Bus auf dem Weg zur Schule noch Vokabeln üben kann. Wir entdecken Apps und Programme, mit denen man zuvor gelerntes Wissen noch einmal wiederholen und sogar unterhaltsam auffrischen kann. Wir machen kleine Schritte. Aber die Erkenntnis reift, dass man viel Produktives mit dem Smartphone machen kann. Als Politologin liegt mir besonders am Herzen, dass die Kids von ihrem politischen Mitbestimmungsrecht Gebrauch machen. Dass sie die Chance nutzen, ihre Stimme für sich und ihre Mitmenschen zu erheben. Politische Partizipation nennt man das. Das klingt im ersten Moment sperrig für die Schülerinnen und Schüler. Aber auch hier ist mir das Smartphone ein wahrer Helfer. Es hilft, Demokratie in den Klassenraum zu holen. Mit Tools wie Mentimeter üben wir das Abstimmen, das Diskutieren und das Kompromisse finden. Jede und jeder kann sich mit dem eigenen Smartphone beteiligen, die eigene Stimme abgeben. Das kommt gut an. Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich ernst genommen, wenn sie zum Beispiel zum Abschluss der Stunde ihr Feedback via digitaler Abfrage abgeben können.

Mit digitalen Tools wird Demokratie in das Klassenzimmer geholt.
Das Fazit aus unserem gemeinsamen Weg ist klar: Das Smartphone ist viel weniger Endgegner als ehrlicher Supporter beim Bezwingen des Abschluss-Ungeheuers. Danke, liebe 10a, dass ihr mich das habt erkennen lassen und dass wir gemeinsam so viel gelernt haben. Ich wünsche euch nun einen erfolgreichen Abschluss. Und wenn ihr mal nicht weiterwisst: einfach googlen. Oder wie hieß nochmal die nachhaltige Alternative? Ecosia, richtig gemerkt!
Dajana Jost
