Im Mai trafen sich die Jugendlichen des Projekts „Die Verfassungsschüler“ mit vier Vertreterinnen und Vertretern des Berliner Forums der Religionen und diskutierten konstruktiv über Demokratie, Verfassung und Religion.
Die Verfassungsschüler
Das Modellprojekt „Die Verfassungsschüler“ wird im Rahmen einer öffentlichen Zuwendung vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gefördert. Das Projekt startete in Berlin im März dieses Jahres und wird von Teach First Deutschland an der Spandauer Wolfgang-Borchert-Schule ausgeführt. Dort setzen sich knapp 25 Schülerinnen und Schüler aus fünf verschiedenen Schulen, Schulformen und Klassenstufen (7.-10.) wöchentlich mit den Themen demokratische Werte, Verfassung, Grundrechte und Partizipation auseinander. Sie nehmen an Workshops, Exkursionen und Veranstaltungen teil, in denen Wissen, Praxis und Erlebnis kombiniert werden. Im neuen Schuljahr sollen sie selbst aktiv werden: Im Stadtteil- oder Kulturverein, der Jugendgruppe, einer Partei oder anderen Initiativen, weiterhin von ihrer sogenannten „Deutschlandscout“ begleitet.
Eine Diskussion mit Vertretern verschiedener Religionen über Demokratie, Religion und Europa
In einem vorbereitenden Modul beschäftigten sich die Jugendlichen mit dem Thema „Demokratie, Religion und Europa.“ Anschließend wurde eine Gesprächsrunde mit Herrn Dr. Michael Bäumer (Geschäftsführer des Berliner Forums der Religionen), Frau Feride Funda G.-Gencaslan (Sufi-Zentrum Rabbaniyya), Frau Barbara Witting (ehemalige Schulleiterin des jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn, Berlin) sowie Frau Claudia Hackel (stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstands, Alt-Katholiken) ermöglicht. Mit den Mitgliedern des Berliner Forums der Religionen wurde dort über diese Themen debattiert.
Dabei ist eine sehr konstruktive Diskussion entstanden. Es wurden persönliche Berichte miteinander geteilt, Erfahrungen ausgetauscht und reflektiert. Unterschiedliche Positionen und Perspektiven wurden von den Jugendlichen beleuchtet und argumentiert. Ausgehend vom Grundgesetz wurde darüber diskutiert, wie staatliche Neutralität, Gleichberechtigung und das Recht auf freie Religionsausübung im Schulalltag umgesetzt und von den Schülerinnen und Schülern wahrgenommen wird. Die Jugendlichen kommen zum Teil täglich mit dem Thema in Berührung und begegnen dabei unterschiedlichen Haltungen.
Religion im Schulalltag
Auch wenn die Jugendlichen berichteten, dass ihr Schulleben prinzipiell von Toleranz, gegenseitigem Respekt und Rücksichtsname geprägt ist, erzählten einzelne Jugendlichen auch von Situationen, in denen sie sich in ihrer Religionszugehörigkeit von einzelnen Lehrerinnen und Lehrern nicht respektiert fühlten. Andere sprachen wiederum von Auseinandersetzungen zwischen Schülerinnen und Schülern untereinander. Grund für ein solches Verhalten könnte nach Ansicht der Jugendlichen sein, dass viele Menschen nicht ausreichend über unterschiedliche Religionen informiert seien. Dadurch kann es zu Vorurteilen und Stereotypisierung kommen. Aus diesem Grund wurde für eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Religionen im Schulunterricht, bspw. im Ethik- oder Religionsunterricht, plädiert. Verschiedene Religionen sollten vielfältig und umfassend vermittelt werden. Um besseres Verständnis zu schaffen, ist es wichtig unterschiedliche Auslegungen und Strömungen jeweiliger Glaubensrichtungen miteinzubeziehen. Gemeinsamkeiten sollten geteilt und Differenzen akzeptiert werden. Die Schülerinnen und Schüler entwickelten hierzu einen interessanten Vorschlag: An jeder Schule sollte es einen Experten oder eine Expertin für jeweilige Religionen geben, um sich für Verständnis und Rücksichtnahme einzusetzen und vor allem auch, um zu informieren
Die, trotz der wirklich hohen Temperaturen des Tages, sehr lebhafte und engagierte Diskussion, schloss mit dem Appell an die Jugendlichen, für ihre Rechte einzustehen – als gläubige oder nicht-gläubige Bürgerinnen und Bürger – und dem Hinweis, dass die eigene Freiheit, auch die der Religionsausübung, nur so weit reicht, solange sie die Freiheit anderer nicht einschränkt.
Autorin: Magdalena Strauch ist Alumna des Jahrgangs 2014 und setzt nun das Projekt „Die Verfassungsschüler“ in Berlin um.