Digi-Fellow Paul stärkt im Rahmen des Projekts „Bildungsgerechtigkeit im digitalen Zeitalter“ von der RAG-Stiftung bereits im zweiten Einsatzjahr die Medienkompetenzen von Schülerinnen und Schülern. Damit die digitalen Impulse auch nach Pauls Einsatz an der Gemeinschaftsschule Bochum Mitte verbleiben, holt Paul die digitale Bildung ins Lehrerzimmer. In kleinen Workshops, sogenannten Learning Nuggets, entwickelt er zusammen mit Lehrkräften der Schule digitale Unterrichtseinheiten.
Digitale Bildung über den Einsatz unserer Fellows hinaus – wie kann das gelingen?

In meinem schulischen Alltag werde ich oft angesprochen, wenn es um digitale „Herausforderungen“ geht. Dabei sind folgende Fragen keine Seltenheit:
„Im PC-Raum funktionieren die PCs wieder nicht. Kannst Du da mal nachschauen? Kann man den Laptop eigentlich auch an das Smartboard anschließen? Wie war das nochmal mit dem Beamer? Ach, wir haben einen Laptopwagen? Weißt Du zufällig das Passwort für…?“
Das Thema der „digitalen Bildung“ gewinnt unter anderem durch Diskurse zum Digitalpakt zunehmend auch in der Öffentlichkeit an Bedeutung. Hierbei zeichnet sich ein recht deutliches Bild ab: Die Schulen stehen vor einer großen Herausforderung. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler auf die digitale Arbeitswelt von morgen vorbereitet werden. Hierbei schlägt der Medienkompetenzrahmen NRW beispielsweise vor, dass die Schülerinnen und Schüler, angefangen mit der richtigen Bedienung und Anwendung von Computern und Apps, über das richtige Recherchieren bis hin zu ersten Erfahrungen der Programmierung geschult werden sollen. Der theoretische Aufbau ist verständlich und detailliert aufbereitet, sodass dieser eine schöne Orientierung bietet – beziehungsweise bieten würde. Ein grundlegendes Problem ist meist die digitale Infrastruktur. Eine fehlende Breitbandanbindung, eingeschränkte Nutzung der Geräte durch fehlendes WLAN und ein Sammelsurium an unterschiedlich ausgestatteten Klassenräumen erschweren eine ganzheitliche digitale Bildung. Zudem ist eine Schulung der digitalen Kompetenzen von Lehrkräften in den meisten Bundesländern zwar in Planung, aber noch nicht im Alltag angekommen. An Schulen gibt es im EU-Vergleich deutlich zu wenig Endgeräte für Schülerinnen und Schüler. Somit schneiden sie im internationalen Vergleich auch eher unterdurchschnittlich ab. Vor allem sind Kinder aus sozioökonomisch weniger privilegierten Elternhäusern im internationalen Vergleich sehr viel schlechter gestellt.

In Learning Nuggets entwickelt Paul zusammen mit Lehrkräften digitale Unterrichtseinheiten.
Daher habe ich mir Folgendes gedacht: Während meines Einsatzes erlebe ich viele Lehrkräfte, die aktiv auf mich zukommen, Fragen stellen, Probleme lösen wollen und gerne digitaler arbeiten würden. Auch sie sehen deutlichen Handlungsbedarf – auch ohne ordentliche Internetanbindung. Um den Wünschen nachzukommen, möchte ich kollaborative Mini–Workshops starten. Um das Interesse besser einzuschätzen und die Beteiligung zu erhöhen, habe ich durch eine Umfrage die Bereitschaft abgefragt. 93% der Kolleginnen und Kollegen haben sich hierbei für zusätzliche Workshops ausgesprochen. An den Dienstagen, die nicht durch Team– oder Dienstbesprechungen geblockt sind, finden nun die Mini-Workshops statt. Wichtig hierbei ist mir, dass die Workshops interaktiv und kollaborativ gestaltet werden. Am Ende des Tages soll ein Mehrwert einerseits durch Wissen und andererseits durch Output entstehen. Das können Unterrichtsideen, fertige Einheiten oder Infoveranstaltungen sein. Die Themenwahl wird auch von Mal zu Mal offengelassen und von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst entschieden. Bei diesem Format ist es wichtig, eine offene Fehlerkultur zu kommunizieren. Trial & Error soll stärker (vor-)gelebt werden.
Die Workshops starten thematisch mit einem Überblick über die Grundlagen. Die Ausstattung an Hard- und Software wird vorgestellt, um gemeinsam zu überlegen, welche Einsatzmöglichkeiten diese bieten. Hierbei profitieren wir an der Gemeinschaftsschule Bochum Mitte unter anderem von den verschiedenen Geräten, die wir über die RAG-Stiftung beziehen konnten. Mit den Calliope Minis, kleine programmierbare Platinen(Computer), kann nahezu in jedem Fachunterricht das Programmieren spielerisch erlernt werden. Dokumentenkameras erleichtern die schnelle Visualisierung von Arbeitsblättern oder das gemeinsame Vergleichen. Durch die erhöhte Anzahl an Beamern lassen sich Powerpoints, Keynotes, PDFs oder Ähnliches zeigen, um Gesagtes zu visualisieren oder beispielsweise den Matheunterricht mithilfe von GeoGebra (eine Geometrie-Software) ansprechender zu gestalten.
Die geförderte Hardware und das zusätzliche Wissen sollen so über die Workshops Multiplikatorinnen und Multiplikatoren finden, um nachhaltig in das Schulleben integriert zu werden. Im Zentrum steht dabei immer die Anwendbarkeit im Klassenraum. Ein schöner Nebeneffekt: Auch im Kollegium hat man durch witzige Umfragen und gemeinsames Lernen Spaß und wächst stärker zusammen.
Paul Feldhaus
