Digitale Teilhabe
statt Spaltung: mit digitalen Kompetenzen gegen Bildungsarmut

Teach First Deutschland will Bildung gerechter machen – auch durch digitale Medien. Voraussetzung dafür ist, der „digitalen Spaltung“ Einhalt zu gebieten und stattdessen digitale Teilhabe zu ermöglichen. 

Was hat digitale Bildung mit Bildungsgerechtigkeit zu tun? Einerseits ist digitale Bildung ein zentraler Hebel, um das Bildungssystem gerechter zu gestalten. Andererseits wird die voranschreitende Digitalisierung in nahezu allen Lebensbereichen zu weiteren Nachteilen und herkunftsbedingten Unterschieden führen. Digitale Bildung ist für Teach First Deutschland ein wichtiger Baustein für gerechte Bildungschancen. Die besondere Position unserer Fellows an den Partnerschulen ermöglicht es ihnen, diesem Faktor der Bildungsungerechtigkeit besonders effektiv entgegenzuwirken. 

Die Digitale Transformation steht in unmittelbarem Zusammenhang mit unseren Zielen „Bildungsgerechtigkeit“ und „Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“. Im besten Fall kann sie ihnen dabei auch dienlich sein. Grundlage unserer Überlegungen sind die sogenannten 21st Century Skills – die (digitalen) Kompetenzen für das 21. Jahrhundert – sowie das 4K-Modell in Bezug auf digitale Bildung. Damit sind die vier Kernkompetenzen für das digitale Zeitalter gemeint: Kreativität, Kollaboration, kritisches Denken und Kommunikation.

Die Herausforderung: Digitale Spaltung in der Bildung

Untersuchungen, noch vor der Pandemie, haben gezeigt: Was den Zugang zu digitalen Medien, die Motivation im Umgang damit sowie die einfache Nutzung der Medien (s. auch Infobox unten) betrifft, gibt es nur geringe Unterschiede aufgrund der sozialen Herkunft. Spürbar wurden die schlechteren Startbedingungen allerdings bei einem vierten und entscheidenden Punkt – den digitalen, computer- und informationsbezogenen Kompetenzen. Oder einfach gesagt: Ins Internet zu gehen, ist nicht das Problem. Das Problem ist vielmehr, die Angebote im Netz für sich dann auch sinnvoll zu nutzen.

Mehrdimensional: digitale Spaltung

Wie sehen die vier Dimensionen, die die digitale Spaltung ausmachen, im Detail aus?

Materieller und physischer Zugang: Damit sind der Besitz von und die Zugangsmöglichkeiten zu digitalen Geräten – beispielsweise PCs, Laptops, Tablets, Smartphones, aber auch Software sowie eine verfügbare Netzverbindung – gemeint. 

Motivation: Hierunter fallen Einstellungen und Werthaltungen gegenüber digitalen Medien sowie Motive zur deren Nutzung, etwa zur Unterhaltung, zur Informationssuche, zum Lernen/Arbeiten oder zum sozialen Austausch. 

Nutzung: Dieser Aspekt zielt auf Häufigkeit und Dauer der Nutzung digitaler Medien sowie auf die Vielfalt der Anwendungen (z. B. Office-Programme, Internetbrowser,
E-Mail-Programme, Chats und Foren). 

Digitale Kompetenzen: Damit ist ein kompetenter Umgang mit digitalen Medien beschrieben, wie er beispielsweise im Rahmen der Studie ICILS 2018  bei computer- und informationsbezogenen Kompetenzen gemessen wurde. 

Quelle: Julia Gerick für die Heinrich Böll Stiftung

Oft ist auch von einem sogenannten „Knowledge Gap“ die Rede, der in unseren Schulen eine Rolle spielen kann. Dies bezeichnet eine Art „Wissenskluft“ zwischen Menschen mit unterschiedlichem sozioökonomischen Status. So belegen Studien, dass sozial privilegierte Jugendliche nicht nur mehr Nutzungserfahrung und Expertise im Umgang mit digitalen Medien haben. Auch ihr Nutzungsspektrum ist breiter als bei sozial benachteiligten Jugendlichen. Sie sind zum Beispiel eher in der Lage, sich online über berufliche Angebote und Finanzdienstleistungen zu informieren oder sich aktiv an Diskursen und Foren im Netz zu beteiligen.

Eine für alle: digitale Bildungsteilhabe

Die digitale Spaltung zu überwinden heißt, für mehr digitale Teilhabe insbesondere junger Menschen zu sorgen. Dabei gilt es, verschiedene Hürden zu überwinden. Da ist zunächst die Infrastruktur: Man braucht Zugang zu Hard- und Software sowie zum Internet. Dann geht es um die Inhalte, gemeint sind sinnvolle und kulturell relevante Angebote im Netz. Ein weiterer Aspekt ist die Verarbeitung, denn Kinder und Jugendliche sollen digitale Inhalte auch selbst erstellen können, sie verbreiten und sich dazu austauschen. Wichtig ist auch die Unterstützung durch Lehrkräfte, die beim Umgang mit digitalen Werkzeugen und Ressourcen helfen. Die fünfte und letzte Ebene ist der Zugang zu Forschungsergebnissen über die Anwendung digitaler Technologien, um das Lernen zu verbessern.

Extra digital:die Digifellows

Unsere Digifellows, sind im Rahmen unseres Projekts „Bildungsgerechtigkeit im digitalen Zeitalter“  im Einsatz. Sie haben den digitalen Fokus und erhalten Extra-Stunden, etwa für die digitale Entwicklung an der Schule oder ihren Support in Sachen Ausstattung. Viele ihre Projekte drehen sich um digitale Themen. An dieser Stelle danken wir der RAG-Stiftung, unserem engagierten Förderer, der die Digifellows maßgeblich unterstützt.

Je nach persönlicher Neigung und Kompetenz können auch andere Fellows digitalen Projektinhalten widmen. Maßnahmen und Projekte unsere Fellows zu digitaler Bildung wirken damit in mindestens zwei Richtungen: Sie stärken zum einen ihre eigene Digital Literacy und tragen zum anderen positiv zur Chancengerechtigkeit der Schüler:innen sowie zu deren persönlichen Entwicklung bei.

 

Unterstützung auf mehreren Ebenen

Gemeinsam mit all unseren Fellows können wir vor allem dort wirken, wo es um digitale Inhalte geht. Dazu zählen zum Beispiel lizenzfreie Lehr- und Lernmaterialien oder unsere Sammlung mit digitalen Ideen für den schulischen Alltag. Zudem stärken wir Kinder und Jugendliche im Umgang mit Inhalten, beispielsweise beim Erstellen von Content oder beim Austausch darüber, etwa in Netzwerken. Dazu zählen auch Schul- oder Lernplattformen, bei deren Implementierung die Fellows den Schulen helfen. Derartige Plattformen erweitern die die Zugangs- und Teilhabemöglichkeiten nicht nur für Schüler:innen, sondern – wie die Schulschließungen während der Pandemie gezeigt haben – auch für ihre Eltern.

Unsere Fellows sind als Vertrauenspersonen auch ansprechbar, wenn Hilfe im Umgang mit digitaler Hard- und Software gefragt ist – was natürlich die notwendigen Kompetenzen voraussetzt. Sie helfen Schüler:innen im Umgang mit neuen Medien oder Lern-Apps, sind aber auch bei Fällen von Cybermobbing für sie da. Obendrein unterstützen die Fellows auch Lehrkräfte in den Schulen dabei, im Unterricht mit digitalen Medien sicherer umzugehen. Um dies tun zu können, haben Fellows die Möglichkeit, sich regelmäßig in unseren Fortbildungsformaten zu diesen Themen weiterzubilden. Grundlage unserer Arbeit ist hier ein Remix aus dem Medienkompetenzrahmen der verschiedenen Länder mit Fokus auf Elemente der Bildungsgerechtigkeit.

Forschung zur Digitalisierung boomt

In der empirischen Bildungsforschung in Deutschland erfährt über die letzten Jahre kaum ein anderes Forschungsfeld solche Aufmerksamkeit wie der Bereich der Digitalisierung. Allein zwischen September 2018 und Anfang Dezember 2020 wurden durch ein entsprechendes Forschungsprogramm des Bildungsministeriums 49 Forschungsprojekte zur Digitalisierung im Bildungsbereich gefördert. Diese setzen auf ganz unterschiedlichen Ebenen des Bildungssystems an und untersuchen unter anderem die Bereiche Bildung in Kindheit, Jugend und Familie, schulische Bildung, berufliche Bildung sowie Lehrerbildung.

Mit Blick auf Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit in einer digitalisierten Welt ist das Projekt UneS-ICILS (Unerwartet erfolgreiche Schulen im digitalen Wandel) an der Universität Paderborn erwähnenswert. Hier sollen ICILS-2018-Schulen untersucht werden, die gleichzeitig zwei vermeintlich widersprüchliche Rahmenbedingungen aufweisen: einen besonders hohen Anteil an Schüler:innen mit geringem sozioökonomischem Status und überdurchschnittlich hohe Werte bei computer- und informationsbezogenen Kompetenzen. Hier mehr dazu.

Auf ein Wort: Gedanken zu KI

Durch die aktuell beschleunigte Entwicklung rund um maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz werden ganz neue Fragen im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit aufgeworfen. Das viel gepredigte Potenzial digitaler Lösungen für eine gerechtere Bildung könnte, wenn nicht zuvor gesellschaftlich diskutiert und ausgestaltet, komplett verpuffen und sich ins Gegenteil umdrehen.

Die Chancen dieser Technologien für unsere Schüler:innen stehen für uns fest: Personalisierung, Motivation und Zugang. Differenzierte Lernangebote und individuelle Förderung sind durch solche Anwendungen möglich, genauso wie direktes Feedback zur Motivation und Aktivierung. Spracherwerb und -förderung könnten sich in Zukunft spielerisch und inklusiver gestalten lassen. Auch eine Entlastung der Lehrkräfte in ihrer inhaltlichen Vorbereitung ist ein wesentlicher Vorteil.

Doch auch die Gefahren haben wir im Blick. Eine zu hohe Technikabhängigkeit, massenhaft produzierte Fakenews, Datenschutzlücken und algorithmische Vorurteile trüben den ungebremsten Technikoptimismus.

Um mit KI die Digitale Kluft zu überbrücken müssen Anwendungen wie Chat GPT aber als Werkzeug erkannt werden, mit dem sich Schüler:innen selbst ermächtigt Dinge beibringen und kreieren können. Die große Gefahr ist aktuell, dass sie stattdessen Chatbots als allwissende Roboter unreflektiert für unliebsame Aufgabenstellungen heranziehen. Genau deswegen ist Digitalität so ein wichtiger Pfeiler in unserem Programm.

Vielfalt der Möglichkeiten: Digitale Ressourcen

Wir haben einige dieser Angebote an unseren Schulen getestet und teilen hier unsere Top 3.

Suchmaschinen

Deckblatt der verlinkten Präsentation: Suchen und Finden: Wie verwende ich Suchmaschinen richtig? mit gelbem HIntergrund und einer Person, die in der rechten unteren Ecke des Bildes läuft.

Wie verwende ich Suchmaschinen richtig?

Erklärvideos produzieren

Portraitfoto von Mirko Drotschmann, der ausgeschnitten vor einem grauen Quadrat und einer spielerischen roten Linie um ihn herum in Denkerpose abgebildet ist.

Wie du ohne teures Equipment Erklärvideos mit deiner Klasse produzierst

Berufsalltag

Grafik eines Klemmbretts mit Arbeitsblatt, das auf einem Holzhintergrund liegt.

DigiBits-Unterrichtseinheit: Berufsalltag in der digitalen Welt – was ist Klischee, was ist Realität? 

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