Jeder Tag als Fellow bietet neue Herausforderungen – das ist oft anstrengend aber auch toll. Eigentlich gibt es keine Woche, in der alles nach Plan läuft. Nina berichtet, wie ihr Alltag nach fast einem Jahr als Fellow in Hamburg aussieht, was doch plötzlich dazwischenkommen kann und was für sie einen richtig guten Tag ausmacht.

 

Am schwierigsten an Schule ist für mich, dass sehr, sehr viel zwischen Tür und Angel passiert. Die Pausen sind kurz und müssen gleichzeitig für essen-trinken-Toilette, Absprachen für die nächste Stunde, Weitergabe von Informationen, Lösen von Konflikten aus der vorherigen Stunde und Koordination von längerfristigen Projekten herhalten. Klar gibt’s auch mal Freistunden und die Nachmittage, aber aus unerfindlichen Gründen hat da nie gerade der Kollege oder die Kollegin gleichzeitig mit mir Zeit, die oder den ich gerade bräuchte. An meiner Schule kommt erschwerend hinzu, dass wir zwei Standorte haben, sodass die Personen nach Murphys Gesetz immer auch noch im anderen Gebäude sind, wenn es etwas kurzfristig zu klären gibt. Zum Glück sind die meisten per E-Mail und WhatsApp gut erreichbar und sehen auch die Notwendigkeit, gelegentlich feste Termine für die vermeintlich kleinen Absprachen einzurichten. Ich lerne immer mehr, meine Anliegen kurz und prägnant anzubringen, aber auch darauf zu bestehen, dass das ein oder andere jetzt Priorität hat und ich nicht auf später vertröstet werden kann. Durchsetzungsvermögen, Diplomatie und eine gute Vorausplanung mit ausreichend Puffer für die Eventualitäten des Schulalltags sind die Basis für einen halbwegs reibungslosen Ablauf, gerade im Lehrerzimmer. Manche Tage sind wider Erwarten  von Anfang bis Ende gut.

An einem Donnerstag vor ein paar Wochen bin ich mit Kopfschmerzen aufgewacht und habe eigentlich schon überlegt, zu Hause zu bleiben. Alle Anzeichen standen drauf, dass der Tag anstrengend werden würde. Am Vortag hatte ich erfahren, dass in dem Profilkurs der 9. Klassen meine Team-Teaching-Kollegin ausfallen würde und ich hatte mir sehr spontan einen Plan für die Stunde überlegt. Direkt danach würde meine Büchereiaufsicht in der Mittagspause folgen, die zwar immer schön ist, aber auch anstrengend. Denn ich muss weitermachen, ohne genug Zeit zu haben, um auch nur einmal vom Brot abzubeißen. Gerade jetzt im Winter wird die Bücherei auch schnell voll und viele Kinder wollen vor allem im Warmen chillen, statt sich literarisch zu bereichern. Danach standen noch zwei Stunden Englisch in meiner sehr anstrengenden und unmotivierten 8. Klasse an. Uff, was für ein Tag!

An jedem Tag in der Schule passieren so viele Dinge, dass es häufig nur an mir liegt, wie ich sie in meiner Wahrnehmung gewichte, um sagen zu können: „Heute war ein guter Tag.“

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Doch dann lief alles wie am Schnürchen! Das Wetter war gut und die Neuntklässlerinnen und Neuntklässler haben sich von meinem Vertretungsplan begeistern lassen. In Teams und um die Wette habe ich sie auf Englisch einen Kriminalfall lösen lassen und weil ich ganz spontan noch Unterstützung von unserer Englisch-Assistenzkraft bekommen habe, war die Dynamik toll und die Stimmung super. In der Mittagspause war die Bücherei dann gerade so gut besucht, dass eine angenehme Murmelatmosphäre entstanden ist. Einige Schülerinnen haben angefangen, mir Löcher in den Bauch zu fragen und wir haben darüber philosophiert, wie Erdbeben entstehen, warum man eigentlich träumt und was Glauben oder Wissen ist. Völlig beschwingt bin ich dann in den Englischunterricht mit den Achtklässlern. Bei denen gilt eigentlich jede Stunde, die ohne größere Zwischenfälle verläuft und in der ein bisschen Unterricht stattfinden kann, als voller Erfolg. Wie hätte es anders sein sollen an diesem erstaunlich entspannten Tag – auch diese Klasse hatte gute Laune, fand das Thema interessant und arbeitete fast von selbst. Ein richtig guter Tag, an dessen Ende ich sogar meine Kopfschmerzen fast vergessen hatte!

 

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Nina, Fellow 2018
Nina, Fellow der Klasse 2018.