Jeder Tag ist anders. Jeder Tag als Teach First Fellow bietet neue Herausforderungen und Chancen, meine Komfortzone zu verlassen. Das sind Euphemismen für: jeder Tag ist ganz schön anstrengend! Aber auch: jeder Tag ist voller kleiner und großer Erfolgserlebnisse. Nicht jeder Tag läuft richtig gut und auch nicht jeder Tag läuft wie geplant ab. Aber wie sieht so ein besonders guter Tag eigentlich aus? Im letzten Teil fasst Nina zusammen, was für sie die ganz besonderen Momente als Fellow ausmachen.
Mal fällt bei einer Schülerin endlich der Groschen, wozu man Terme braucht, mal funktioniert eine neue Methode in Englisch richtig gut. Dann wieder bringe ich ein Projekt deutlich voran oder ein Schüler vertraut mir an, was bei ihm zu Hause gerade los ist. Ich kann aber auch nicht leugnen, dass der Schulalltag sehr stressig ist. Zwischen kleineren und größeren unvorhergesehen Problemen, Herausforderungen, Projekttagen, zentralen Wissensstandsabfragen und spontanen Ausflügen findet eigentlich keine Woche, kein Tag so statt wie vorher geplant. Chaotisch, anstrengend, herausfordernd? Auf jeden Fall. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist es aber auch wahnsinnig abwechslungsreich. Es gibt jeden Tag diese besonderen Momente, die mir zeigen, dass das was ich hier mache, richtig ist, dass es einen Unterschied macht, dass ich da bin. Jeder Tag hat die Chance, ein guter Tag zu werden.
Doch die Tage, die einfach nur der Hammer sind und die das Teach First Fellow sein unvergleichlich cool und erfüllend machen, sind besonders die Tage und Stunden, die ich mit anderen Fellows verbringen darf – egal ob auf externen Workshops, den bundesweiten Fortbildungen oder mal so bei einem Bierchen. Es herrscht dort immer eine unglaublich positive, aktive Energie. Wir tauschen uns aus, meckern auch mal und hören einander zu. Fast jedes Mal habe ich hinterher eine neue Idee, die mir und meinen Schülerinnen und Schülern weiterhilft.
Mein absolutes Highlight war eine Woche auf dem MUT-Camp, wo wir im Team – bestehend aus aktuellen und ehemaligen Fellows, internationalen Kolleginnen und Kollegen sowie anderen Bildungsbegeisterten – Schülerinnen und Schüler, die gefährdet sind, ihren Abschluss nicht zu schaffen, auf ihre mündliche Prüfung vorbereitet haben. Ich habe das Englisch-Team leiten dürfen und acht Jugendliche fünf Tage lang darin bestärkt, den Mut zu haben, Englisch zu sprechen und selbstbewusst zu präsentieren. Am zweiten Tag in der Reflexionsrunde stellte eine sehr schüchterne Schülerin fest: „Frau Siemer, ich kann ja Englisch!“ und demonstrierte das von da an mit Bravour. Am dritten Tag arbeitete ein Schüler mit so viel Ehrgeiz an seiner Präsentation, dass wir ihn abends um 22 Uhr fast schon zwingen mussten, den Stift hinzulegen – und das obwohl er den ganzen Tag über Kopfschmerzen geklagt hatte. Am vierten Tag rannte eine Schülerin vor Nervosität heulend aus der Generalprobe, bis sie auf einmal Kampfgeist in ihren Blick legte und verkündete: „Nein, ich zieh das jetzt durch!“. Am letzten Tag zum Abschluss sagte ein Schüler zu mir: „Danke, dass Sie hier alle an uns glauben und so viel Geduld mit uns haben! Ich hab‘ das Gefühl, ich habe hier mehr gelernt als im ganzen letzten Jahr in der Schule.“ Was für ein oberhammermäßig genialer Tag!
