Die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hat Fellow Kira – neben vielen anderen Geschehnissen – im vergangenen Jahr gezeigt, wie wichtig politische Bildung ist. Und das nicht nur im Regelunterricht, sondern auch in Vorbereitungsklassen.

Der 9. November vergangenen Jahres wird vielen von uns noch lange als einer der deprimierenden Tage des Jahres in Erinnerung bleiben. Und an solchen mangelte es 2016 wahrlich nicht. Als ich morgens aufwachte, war Pennsylvania noch nicht ausgezählt – man durfte noch hoffen. Als ich die Schule erreichte, war klar: Donald Trump wird der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Populismus, die frauenfeindlichen und rassistischen Sprüche hatten gesiegt. Umso größer ist nun die Bedeutung der politischen Bildung, der Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu mündigen Bürgern, die in der Lage sind, ihre Möglichkeiten zu nutzen, um Politik aktiv mitzugestalten. Zu Bürgern, die die Gefahren des Populismus erkennen, einordnen können und bereit sind, für eine pluralistische Gesellschaft einzustehen.

Politische Bildung als Grundlage gelungener Integration

Nun fragt man sich wahrscheinlich, was das alles mit dem Unterricht in Vorbereitungsklassen zu tun hat? Sollen die nicht erstmal Deutsch lernen? Ich würde sagen: Ja, sie sollen Deutsch lernen, aber die jungen Männer in meinen Klassen sollen auch verstehen, wie unser politisches System funktioniert und was unsere Gesellschaft definiert. Zum einen ist dieses Wissen Grundlage gelungener Integration. Zum anderen nehmen sie dieses Wissen mit, falls sie zurückgehen in ihre Heimatländer. Diese politische und gesellschaftliche Bildung findet im Unterrichtsfach „Lebensweltbezogene Kompetenzen“ statt.

Daher habe ich mit meinen Schülern aus der VABO1, einer Klasse auf A2-Niveau, am 9. November auch über die Wahl in den USA gesprochen. Kurz zuvor hatten wir einen mehrwöchigen Unterrichtsblock über Grundrechte und das politische System Deutschlands beendet. Ich habe ihnen den Unterschied zwischen dem amerikanischen Mehrheitswahlsystem und dem deutschen Verhältniswahlsystem erklärt und selbst sie, denen ich teilweise erst vor drei Wochen erklärt hatte, was eine Partei überhaupt ist, stellten direkt fest: „Warum nur zwei Partei in Amerika? Ist doch zu wenig.“ Die Idee, dass Pluralismus etwas Gutes ist, kam also an. Ein Lichtblick an diesem Tag.

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich

Ein Schüler aus der gleichen Klasse begründete ein anderes Mal die Wichtigkeit der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mit der einfachen Aussage: „Ich bin Mensch, du bist Mensch – muss gleich sein!“. Und auch dem im arabischen Raum sehr negativ behafteten Thema Homosexualität stehen die Schüler inzwischen zumindest deutlich weniger ablehnend gegenüber, nachdem sie erkannt hatten, dass der gleiche Paragraph (Art.3 GG), der sie als Ausländer vor Diskriminierung schützt, auch die Mitglieder der LGBTIQ-Community schützt.

Nach diesen Erfahrungen der letzten Wochen ist mir einmal mehr bewusst geworden, dass Bildung – und vor allem auch politische Bildung – die Grundlage einer funktionierenden Demokratie ist. Diese Bildung fehlt leider viel zu oft und bei weitem nicht nur in den Flüchtlingsklassen.

 

Kira Kurz ist Fellow im Sprachlehrer-Programm an der Richard-von-Weizsäcker-Schule in Öhringen.