Demokratiebildung ist wichtig bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – an der Schule wie im LebenMuss sie aber in Zeiten von Corona nicht hinter prüfungsrelevanten Themen anstehenNein – gerade während der Schulschließungen ist Demokratiebildung besonders relevantfindet Magdalena Strauch, Alumna und Managerin für den Öffentlichen Sektor und Kooperationen bei TFD. 

Wir erleben derzeit eine noch nie dagewesene Situation: Schulen sind größtenteils geschlossen. Wann und wie sie wieder öffnen, ist unterschiedlich oder noch nicht klar. Unsere Grundrechte sind zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung eingeschränkt, insbesondere die Religions- und Versammlungsfreiheit. Im Netz kursieren Falschmeldungen und Verschwörungstheorien, die Unsicherheit und zum Teil sogar Hass gegen bestimmte Menschengruppen schüren. Die wirtschaftlichen Folgen nach der Corona-Zeit sind noch nicht absehbar.  

Gesellschaftliche und sozio-ökonomische Ungleichheiten treten in dieser Situation besonders zu Tage. All dies stellt auch junge Menschen vor neue Fragen, und für manche entsteht ein Gefühl der Ohnmacht. Der Bundespräsident sagte, dass die Welt nach der Krise eine andere sein wird. Wenn wir wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt diese neue Gesellschaft mitgestalten, müssen wir sie jetzt unterstützen: Darin, politische Zusammenhänge und Strukturen zu erkennen, ihre eigene Meinung zu bildenihre Rechte zu kennen und dafür einzutreten. Dazu gehört auch, unterschiedliche Ansichten zu akzeptieren, zwischen Informationen und Meinungen zu unterscheiden sowie zu entdecken, wo und wie sie sich selbst aktiv einbringen können. 

„Wenn wir wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt diese neue Gesellschaft mitgestalten, müssen wir sie jetzt unterstützen.“

Demokratiebildung sollte immer wichtiger Bestandteil des Unterrichts und außerunterrichtlicher Projekte sein. Fellows begleiten und entwickeln seit Jahren vielfältige Ideen und Projekte, die Schülerinnen und Schüler dabei stärken: Im Klassenrat, der Schülervertretung oder in der gemeinsamen Entscheidung darum, welche Lerninhalte als nächstes bearbeitet werden, lernen Schülerinnen und Schüler demokratische Formate und Prozesse kennen, die als Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe dienen. Gemeinsame Projekt– und Gruppenarbeiten helfen, kollektive Entscheidungsprozesse einzuüben und zu erkennen, dass der eigene Beitrag einen Unterschied macht. Projekte, in denen Kinder und Jugendliche Verantwortung übernehmen, stärken die eigene Selbstwirksamkeit: Von der Fahrradwerkstatt mit der selbst geplanten Radtour über Lerncamps hin zu Bildungs- und Demokratiefestivals, in denen die Schülerinnen und Schüler eigene Workshops anleiten. Begegnungen mit Politikerinnen und Politikern aus Bundestag, Abgeordnetenhaus oder dem Stadtrat schaffen Verständnis für unsere Demokratie und geben Jugendlichen eine Stimme.  

In Zeiten, in denen wir physisch Abstand voneinander halten müssen, sind solche Projekte natürlich schwer oder gar nicht umsetzbar. Aber gerade jetzt ist es besonders wichtig, mit Kindern und Jugendlichen über die aktuellen Ereignisse zu sprechen und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich einbringen und auf ihre Rechte aufmerksam machen können. Einige Fellows behandeln mit ihren Schülerinnen und Schülern z.B. folgende Fragen: Inwieweit schränken euch die Corona-Maßnahmen ein? Was bedeutet Freiheit in dieser Zeit für dich? In welcher Gesellschaft willst du leben? Das kann bedeuten, mit den Schülerinnen und Schülern digitale Debatten zu führen, Tagebuch-Reflexionen anzuleiten, gemeinsam mit ihnen Fake News zu entlarven oder solidarische Nachbarschaftsaktionen zu entwickeln 

„Gerade jetzt ist es besonders wichtig, mit Kindern und Jugendlichen über die aktuellen Ereignisse zu sprechen und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich einbringen und auf ihre Rechte aufmerksam machen können.“

Und über den virtuellen Lernort hinaus werden Fellows und ihre Schülerinnen und Schüler aktiv: Klassenrat und Schülervertretung werden jetzt mancherorts digital durchgeführt. Einige Kinder der Grundschule schreiben Artikel über ihre Situation in der Lokalzeitung. Und weitere Ideen werden schon besprochen: Wenn klar ist, wann die Schule wieder weitergeht, können Schülerinnen und Schüler Ideen für die Planung des ersten Schultags einbringen – das geht schon in der GrundschuleUnd in die Überlegungen des neu zu gestaltenden Schulalltags sollte die Schülervertretung mit einbezogen werden.  

Fellows probieren gerade viele neue Wege aus, um ihre Schülerinnen und Schüler weiterhin zu stärken und zu unterstützen. Schulen können diese Gelegenheit nutzen, ihr Schulprofil (noch) demokratischer zu gestalten. Denn wenn Schülerinnen und Schüler jetzt aktiv einbezogen werden, können sie auch in Zukunft selbst Verantwortung für sich und ihr Umfeld übernehmen. Der Bundespräsident sagte, dass die Welt nach der Krise eine andere sein wird. Ich will, dass unsere Schülerinnen und Schüler sie mitgestalten. 

Madalena Strauch
Managerin Öffentlicher Sektor & Kooperationen

Fotos: Arnaud Jaegers und Christian Wiediger via Unsplash