Man muss das Rad nicht immer neu erfinden: In unserer Kategorie „HOW TO“ teilen #Fellows ihre Praxiserfahrungen und Methoden. Unsere Fellows arbeiten an Schulen in herausforderndem Umfeld – manche an Grundschulen, andere an weiterführenden Schulen oder Berufskollegs. Im Leadershipprogramm von Teach First Deutschland bekommen sie vielfältige Tools und Methoden an die Hand, um die Schülerinnen und Schüler zu selbstständigem Lernen zu motivieren und verschiedene Lernstände berücksichtigen.
Der Inhalt
Schülerinnen und Schüler von #Digifellow Marlene von Hertel üben auf Distanz und asynchron Hörverstehen im Englischunterricht sowie die Grundlagen der Bildbeschreibung mit Hilfe ihres Smartphones. Gleichzeitig beschäftigen sie sich mit dem Einsatz von beschreibender Sprache und Bildsprache, nehmen sich selbst auf, während sie die Sprache sprechen, die sie lernen – und können die Aufnahmen erneut hören und reflektieren.
Die Zielgruppe
Schülerinnen und Schüler 9. Klasse einer Hauptschule in Gelsenkirchen, eine sehr heterogene Gruppe. Einige Schülerinnen und Schüler sind Rückläufer aus der Realschule und bringen einen größeren Wortschatz und andere Arbeitsgewohnheiten mit, andere Schülerinnen und Schüler sind zugezogen und haben erst seit der 8. Klasse Englischunterricht. Für viele ist Englisch die teils vierte oder fünfte Sprache, die sie lernen. Die Begeisterung schon wieder von vorne anzufangen hält sich bei manchen in Grenzen: sie erleben eine gewisse Hilflosigkeit, sich zu verständigen.
Das Ziel
Die Schülerinnen und Schüler lernen, Sprache gezielt zur Beschreibung einzusetzen, und reflektieren ihren Sprachgebrauch, nehmen Bildsprache unter die Lupe und verfestigen ihre Kompetenzen im Hörverstehen.
Die Vorbereitung: Tools und Materialien
Zur Umsetzung benötigt man:
• ein Endgerät pro Schülerin und Schüler, das zu Hause genutzt werden kann. Gut geeignet ist z.B. ein Smartphone (beinhaltet Kamera, Mikrofon, meist eine Software zur Aufnahme und Bearbeitung von Tonspuren, Lautsprecher und einen Bildschirm); falls sie kein eigenes haben, können sie mit der Familie absprechen, ob sie ein Gerät mitbenutzen können
• Zettel und Stifte (möglichst mehrere Farben)
• Das Englischbuch (alternativ ein Foto der entsprechenden Seite des Englischbuches oder ein dies ersetzendes Arbeitsblatt mit den Grundlagen der Bildbeschreibung als Hilfestellung)
Diese Materialien sind relativ niedrigschwellig zu beschaffen und im Distanzlernen häufig vorhanden. Trotzdem ist es sinnvoll, sich auf Eventualitäten gedanklich einzustellen (dass das Handy der Schülerinnen und Schüler kaputt geht, sie nur ab und an das Handy der Eltern benutzen können oder Materialien wie das Englischbuch doch in der Schule geblieben sind).
Tipp: Schülerinnen und Schüler können das Bild auch schematisch beschreiben.
Der Ablauf des Projekts – Ziel erreicht?
Die Aufgabe war in den Fernunterricht im Lockdown im Frühjahr 2020 eingebunden.
Tag 1: Die Schülerinnen und Schüler beschreiben ein selbstgewähltes Bild, das ihre Fellow nicht kennt, nehmen diese Beschreibung als Audiodatei auf und senden sie der Fellow zu.
Tag 2: Die Fellow versucht aus der Beschreibung, möglichst präzise nach den Angaben der Schülerin oder des Schülers, ein Bild zu zeichnen und sendet es zurück. Die Schülerinnen und Schüler vergleichen ihr Originalbild und das Bild der Fellow miteinander und reflektieren dabei, was wie gut verstanden wurde und was hätte noch helfen können, sich präzise zu verständigen. Sie senden der Fellow das Originalbild als Foto zu: Gemeinsames Lachen über die Umsetzung und Austausch darüber, was schon gut lief und was noch helfen kann. Es war sehr hilfreich, dass dezentral und individuell im Chatformat (in Gelsenkirchener Schulen z.B. über IServ möglich) zu besprechen. Dadurch können– gerade bei noch nicht so fehlerfreundlicher Atmosphäre in der Klasse – die Hemmungen in der Gruppe etwas Falsches zu sagen umgangen werden, sodass ein offenerer Austausch in wertschätzender Atmosphäre ermöglicht wird. Es wäre auch möglich, die Erkenntnisse in einer Videokonferenz zu sammeln und die Bilder zu teilen.
Tag 3: Nun beschreibt die Fellow ein Bild, das die Schülerinnen und Schüler nicht kennen und sendet ihnen die Audiodatei zu, mit der Aufgabe das Bild zu zeichnen. Wichtig, damit das gelingt: Eine fehlerfreundliche Kultur, wertschätzender Umgang und klar kommunizieren, dass es nicht um Schönheit geht, sondern um Nachvollziehbarkeit. Die Schülerinnen und Schüler zeichnen es und senden es der Fellow als Foto zu. Tipp: für Schülerinnen und Schüler, die sich so gar nicht auf das Zeichnen einlassen möchten, können entweder Bilder schematisch beschrieben werden, indem die Worte an die Stellen geschrieben werden, wo die Objekte im Bild zu sehen wären oder es können zu der gleichen Aufgabe Hörverstehensfragen gestellt werden.
Tag 4: Die Fellow sendet den Schülerinnen und Schülern das Originalbild zu. Es wird sich Zeit genommen, um sichgemeinsam über Tücken der Kommunikation zu amüsieren und sich über ein Chatformat auszutauschen, was wie gut geklappt hat. Jetzt können die Schülerinnen und Schüler erneut ein Bild auswählen und es beschreiben und es entweder
Variante 1: Wieder der Fellow zusenden, oder
Variante 2: Anderen Schülerinnen und Schülern zusenden und von ihnen eine Zeichnung zurückgeschickt bekommen.
Wir haben im Distanzlernen die erste Variante gewählt.
Tag 5: Wieder Abgleich mit dem Originalbild, was wie gut geklappt hat und dann Wochenrückblick: Was haben die Schülerinnen und Schüler aus der Woche mitgenommen? Was hat wie gut geklappt? Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler verdeutlichen und Erkenntnisse austauschen.
Die Ergebnisse
….die Bilder waren überraschend gut gezeichnet und sehr aussagekräftig. Wir waren alle beeindruckt davon!
Die Learnings
Inhaltlich: Den Schülerinnen und Schülern ist der Sinn von präzisen Beschreibungen deutlicher geworden, der Einsatz der Fremdsprache und die Möglichkeiten sie zu nutzen hat sich ihnen mehr erschlossen.
Distanzlernen: Wir haben das Distanzlernen miteinander geübt, was nicht so banal ist, wie es klingt. Das war etwas, wovor einige Lehrkräfte und auch Schülerinnen und Schüler mit Fragen und Unsicherheiten standen. Es hat sich ausgezahlt, etwas anderes zu machen, als z.B. Arbeitsblätter zu bearbeiten, um die Aufmerksamkeit und das Interesse zu wecken, Spaß damit zu haben und die Unterrichtseinheiten auf eine kleinere Aufgabe pro Wochentag zu verteilen.

Marlene von Hertel ist #Digifellow 2019-2021 an einer Hauptschule in Gelsenkirchen, NRW. Ihr Einsatz wird durch die RAG-Stiftung gefördert.