Auf den Schultern von Riesen: In unserer Kategorie „HOW TO“ teilen Fellows ihre Praxiserfahrungen und Methoden. Unsere Fellows arbeiten an Schulen in herausforderndem Umfeld: manche an Grundschulen, andere an weiterführenden Schulen oder Berufskollegs. Dabei können sie auch von den Erfahrungen von zehn Fellow-Jahrgängen lernen – zum Beispiel von Susanne Keichel, die als Fellow an einer Dresdner Oberschule arbeitet und dort eine Schulzeitung ins Leben gerufen hat.
Der Inhalt
Wir haben eine Schulzeitungs-Redaktion gegründet. Neben dem redaktionellen Alltag gibt es auch Inspiration und Unterstützung von Gästen, außerdem haben wir eine „echte Redaktion“ besucht. Die erste Ausgabe zum Thema „Neustart“ ist im Dezember 2019 erschienen, die zweite Zeitung zum Thema „Freedom“ soll noch vor den Sommerferien erscheinen. Außerdem ist ein Blog geplant.
Die Zielgruppe
Die Redaktion ist grundsätzlich – als Teil des freiwilliges Ganztagsangebots – für alle Interessierten (5.-10. Klasse) der Schule offen. Zur Zeit besteht sie aus sechs Schülerinnen und Schülern der 5.-8. Klasse.
Das Ziel
Die Schülerinnen und Schüler sollen journalistische Arbeit kennen lernen: Sie sollen Spaß daran haben, über die Welt und die Zeit, in der sie leben, in Bild und Text zu berichten. Ihre Medienkompetenz wird durch das Texte schreiben und Bilder produzieren gestärkt – das ermöglicht schließlich eine aktive Mitwirkung an demokratischen Prozessen.
„Wir lernen viel von außerschulischen Projektpartnerinnen und-partnern: Wir hatten eine Redakteurin vom MDR zu Besuch und waren in der Redaktion der Sächsischen Zeitung.“

Die Vorbereitung: Input und Starthilfe
Bevor es losgehen konnte:
- Idee in der Schule vorgestellt und o.k. bekommen.
- Plakate im Schulhaus geklebt und auf den offiziellen Wegen der Ganztagsangebote (GTAs) Werbung gemacht.
- Außerschulische Kooperationspartnerinnen und -partner gesucht und kontaktiert (fortlaufend).
Für die wöchentlichen Treffen habe ich einen Computerraum in der Schule geblockt, außerdem viel über Schulzeitungen recherchiert und konnte so bisher drei Kooperationen mit außerschulischen Projektpartnerinnen und -partnern organisieren:
- Wir hatten die Redakteurin Ine Dippman von MDR Aktuell zu Besuch. Sie kam über die Reporterfabrik zu uns an die Schule.
- Wir besuchten eine mehrfach ausgezeichnete Schulredaktion eines Gymnasiums in Dresden bei einem ihrer tollen Redaktionswochenenden: sie beantworteten uns alle Fragen und erklärten ihre Abläufe.
- Außerdem besuchten wir die Redaktion der Sächsischen Zeitung in Dresden. Dort besichtigten wir den Newsroom, die Bildredaktion und sprachen mit dem Chef vom Dienst.
Ich hoffe, die Ausrüstung der Redaktion bald erweitern zu können: Für eine gute Kamera habe ich die Förderung beim Kultusministerium Sachsen beantragt. Darüber hinaus sparen wir auf die Programme Affinity Publisher und Affinity Photo, die wir in Zukunft für Bildbearbeitung und Layout nutzen möchten.
Der Ablauf des Projekts
Der Redaktionsalltag sieht folgendermaßen aus:
- Wir treffen uns immer Montag von 14:30 Uhr – 16:00 Uhr in der Schule.
- Wir planen, organisieren, recherchieren, denken rund um die nächste Ausgabe
- Manchmal gibt es Inputs zu bestimmten Themen, z. B. Wie finde ich eine coole Überschrift? Oder: Wie mache ich das lustigste Portrait?
- Die Treffen bieten Raum für Input, Austausch, Diskussionen und Feedback. Die Schülerinnen und Schüler bekommen Hilfe bei der Recherche, können an Texten weiterarbeiten oder zusammen Kekse essen (nicht im Computerraum 😉 ).

„Ich bin begeistert von dem Engagement und der Leidenschaft der Schülerinnen und Schüler. Sie haben so viele tolle Ideen und kritische Gedanken.“
Die Zielgruppe – wie kam’s an?
„Ich mag das Gemeinschaftsgefühl in der Redaktion, auch das man durch dieses einfach irgendwie motiviert wird etwas neues auszuprobieren – nicht immer zu machen, was andere wollen.“
„Ich bin in der Schulredaktion, da ich es mag Texte zu verfassen. Ich würde gern mehr Schulumfragen machen und unsere Mitschülerinnen und Mitschüler mit einbeziehen.“
„Voll krass, wir haben den sächsischen Finanzminister interviewt!“
Die Learnings
Total begeistert war ich von den Themen, die die Schülerinnen und Schüler mitgebracht haben – vor allem aber von ihrem Engagement und ihrer Leidenschaft. Es kamen so viele tolle Ideen von den Kids und auch gute, kritische Gedanken. Wir waren alle sehr stolz, als wir am letzten Schultag vor Weihnachten unseren ersten „Tragon Express“ in der Schule verkauft haben.
Spannend fand ich auch, dass die Schülerinnen und Schüler, obwohl sie selbst wenig Zeitung lesen, unbedingt eine Zeitung herausbringen wollten und sich erst danach einen Blog gewünscht haben.
Außerdem würde ich gerne noch mehr Schülerinnen und Schüler für die Redaktion gewinnen und suche nach Wegen, den Aufenthalt am Nachmittag in der Schule attraktiv zu gestalten.
Die Wirkung
Der Tragon Express gibt den Schülerinnen und Schülern eine Stimme. Die Arbeit in der Redaktion stärkt darüber hinaus ihr Selbstbewusstsein: Wenn sie Lehrerinnen und Lehrer interviewen, zur Recherche verschieden Personen und Institutionen kontaktieren und Antworten erhalten, mit denen sie weiterarbeiten können. Wichtig ist auch die Teamerfahrung – eine Zeitung kann man nur gemeinsam rausbringen! Schließlich – und am wichtigsten – werden demokratische Prozesse eingeübt, indem über Themen und Inhalte im Heft diskutiert und abgestimmt wird.



Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
Es gibt einen Artikel in der Zeitung, in dem eine Schülerin über den Tod ihrer Mutter schreibt. Als das Thema „Neustart“ beschlossen war und die Schülerinnen und Schüler überlegten, wer zu was schreiben möchte, meldete sie sich als Erste. „Ich möchte über den Tod einer nahe stehenden Person schreiben“, sagte sie. Sie schrieb lange an dem Artikel, änderte Sachen und zeigte ihn uns dann bei einem Treffen. Der Artikel war sehr berührend. In ihren sehr ausführlich Schilderungen über den Umgang mit der Situation stand kein Wort darüber, wer die verstorben Person war. Einige fanden, dass es für den Text eine wichtige Information sei, wer gestorben ist. Nach diesem Gespräch blickte das Mädchen sehr lange auf den Computerbildschirm, dann begann sie unbemerkt von allen anderen in ihrem fertigen Text in den ersten Satz „meine Mutter“ zu tippen. Sie veröffentlichte den Text dann unter einem Pseudonym und erzählte uns später, wie froh sie darüber war, dass alles mal aufgeschrieben zu haben.
Eine zweite besondere Situation ergab sich bei unserem Besuch der Redaktion der Sächsischen Zeitung. Als wir mit der Führung auf der Dachterrasse des Hauses angekommen waren, fotografierte ein professioneller Fotograf einen wichtig aussehender Mann. Die Schülerinnen und Schüler fragten mich, wer das ist. Ich sagte, wenn sie das wissen möchten, sollten sie am besten fragen. Im Gespräch erfuhren sie, dass es der ganz neue Finanzminister von Sachsen war und er gab den Kindern spontan ein Interview am Fahrstuhl. Die Redakteurinnen und Redakteure waren so stolz.
