Aktuell stehen Abschlussprüfungen in Baden-Württemberg an. 40 Schüler und Schülerinnen der neunten Stufe bereiteten sich darauf mit Unterstützung ihrer Fellows in einem viertägigen Lerncamp Anfang April vor. Neu-Fellow Markus war auch mit dabei und berichtet von seinen Eindrücken und Erfahrungen.

Hausen im Tal, Donnerstag, spät abends: Nach fast fünf Stunden Anreise komme ich endlich in der Gruppenunterkunft „Murmeltier“ an. Meine Fahrerin und Kollegin für die nächsten Tage gibt mir gleich eine kleine Führung. Als wir den Gruppenraum betreten, schauen einige neugierige Schüler*innen von ihren Blättern auf und wenden sich dann wieder konzentriert ihren Deutsch-, Mathe- oder Englisch-Übungen zu. Mein Blick fällt auf die Uhr: Es ist kurz vor 23:00 Uhr.

Zu solch später Zeit würde man üblicherweise wohl nicht erwarten, Jugendliche und junge Erwachsene beim konzentrierten Lernen anzutreffen. Anders ist das im Lerncamp „Work hard – get smart“, wo Midnight-Learning zum festen Programm gehört. 40 Schüler*innen sind dafür mit ihren Fellows aus ganz Baden-Württemberg angereist – und ich durfte als neuer Fellow des Jahrgangs 2017 mit dabei sein und das Team unterstützen.

Hausen im Tal, Freitag, früh morgens: Um 7:20 Uhr ist allgemeines Aufstehen angesagt. Kurz darauf treffe ich beim Frühstück auf die ganze – noch recht verschlafene – Schülergruppe. Eine Tasse Kaffee hilft einigen, die Augen etwas weiter aufzubekommen und für die erste Lerneinheit fit zu werden. Nach einem gemeinsamen Tagesauftakt geht es dann auch schon los. Die Jugendlichen erwarten heute drei feste Unterrichtseinheiten in ihren zwei Schwerpunktfächern (Deutsch, Mathe oder Englisch). Nachmittags gibt es dann neben einer freien Lerneinheit, die individuell genutzt werden kann, auch die Möglichkeit, eines der Freizeitangebote wahrzunehmen. Abends steht ein gemeinsames Überraschungs-Programm auf dem Plan.

Meine ersten Eindrücke an diesem Tag sind durchweg positiv: Von der hervorragenden und schülernahen Planung des Camps, über die fast durchweg motivierten Schülerinnen und Schüler bis hin zu der für den Zweck idealen Location. Etwas irritierend dabei: Die im Vergleich zu meinem sonstigen Alltag eher unvertraute Sprache. Da wird man schon mal als „voll der korrekte Lehrer“ bezeichnet, um nur ein Beispiel zu nennen.

Freitagabend, 21:34 Uhr: Die erste Gruppe Schüler*innen trudelt am Lagerfeuer, der letzten Station des Abendprogramms, ein. Eine Nachtwanderung hat sie zuvor bei Dunkelheit durch den Wald geführt, wo sie auch ein kleines Stück des Wegs je allein von Fackel zu Fackel gelaufen sind – für manche/n eine echte Mutprobe. Eine Gitarre fehlt, aber glücklicherweise gibt es ja Smartphones, die zur musikalischen Unterhaltung der Gruppe beitragen. Ob Gangster-Rap zur romantischen Lagerfeuer-Stimmung beiträgt, mag dabei jede/r für sich selbst entscheiden. Für die Jugendlichen ist der Abend – und das ist das Wichtigste – eine schöne und vielleicht auch neue Erfahrung, was sich an zahlreichen, gebannt ins Feuer gerichteten Blicken zeigt. Im Nachhinein erzählt ein Schüler, dass er noch nie zuvor im Wald war, was mich wirklich berührt. Hier zeigt sich auch, dass die Aufgabe von Fellows weit über das eigentliche Unterrichten hinausgeht – auch das Ermöglichen solcher Erfahrungen gehört dazu!

Samstagnachmittag: Die nächste Englisch-Lerneinheit beginnt wie immer mit einem Zitat, diesmal von Thomas Edison: „Our greatest weakness lies in giving up. The most certain way to succeed is always to try just one more time.“ Die Schülerinnen und Schüler übersetzen gemeinsam und machen sich ihre Gedanken dazu. Der Bezug zur anstehenden Hauptschul-Abschlussprüfung ist naheliegend. Mich beeindruckt im Verlauf der Englisch-Stunden immer wieder, mit welchem Durchhaltevermögen sich viele der Jugendlichen durchbeißen, während ihnen deutlich anzumerken ist, wie schwer ihnen der Umgang mit der Fremdsprache fällt, gerade wenn Deutsch auch nicht die Muttersprache ist. Und wenn es in der Lerneinheit nicht klappt, kann man ja noch zum Midnightlearning kommen…

Sonntagabend, im Zug: Welches Fazit zieht nun ein Neu-Fellow nach vier intensiven Tagen im Lerncamp? Zwei wesentliche Erkenntnisse nehme ich mit nach Hause: Zum einen haben mich die teils sehr motivierten Schüler*innen beeindruckt, die sich durch ihre freiwillige Teilnahme am Camp aktiv für ihre Zukunft eingesetzt haben. Zum anderen wurde deutlich, wie wichtig die Unterstützung durch ihre Fellows für sie ist. Ein Betreuungsschlüssel von 1 zu 4 ist im Schulalltag kaum üblich, geschweige denn möglich, hat im Camp aber dafür gesorgt, dass einige Jugendliche deutliche Fortschritte erzielen konnten.

Für mich persönlich konnte ich einen guten Eindruck gewinnen, was mich in meinem zukünftigen Fellow-Alltag erwarten wird und die Gewissheit, dass ich bei Teach First Deutschland genau dort bin, wo ich sein möchte.

 

Markus Weymann

 

 

Autor: Markus Weymann ist Fellow der Klasse 2017.