Die Schüler haben Lieblingslehrer*innen und Lehrer*innen, die sie weniger mögen. Doch woran liegt das? Stimmt einfach die Chemie? Oder steckt mehr dahinter? Die These von Fellow Jacqueline ist, dass es mit Wertschätzung im Unterricht zu tun hat.
„Herr B. hat eh keinen Bock mehr auf uns. Können Sie uns nicht unterrichten?“ Diesen Satz hat vor wenigen Monaten eine Schülerin zu mir gesagt. Seitdem folgen in meinen Klassen oft Sätze wie „Sie mögen uns echt, oder?“ In meinem Job geht es nicht ums Mögen. Selbst, wenn mir ein Schüler oder eine Schülerin unsympathisch ist, muss ich das Beste daraus machen. Natürlich ist mein Job mit sympathischen Schüler*innen einfacher. Was ihnen aber in ihrem Alter noch fremd sein mag, ist der Unterschied zwischen Mögen und Wertschätzung.
Wertschätzung ist das, was meinen Schüler*innen dieses positive Gefühl vermittelt. Es ist grundlegend für Beziehungsarbeit. Beziehungsarbeit wiederum ist die Basis meiner Arbeit. Doch warum ist Wertschätzung so wichtig? Wir alle wollen wertgeschätzt werden. Uns fällt aber oft gar nicht auf, dass wir Menschen in bestimmten Situationen keine Wertschätzung vermitteln. In dieser Hinsicht muss auch ich mich laufend reflektieren. Perfekt bin ich auch nicht. Mir fallen immer wieder eigene Verhaltensweisen auf, die nicht wertschätzend sind. Wenn ich mich unpassend verhalte, entschuldige ich mich aber auch. So lernen meine Schüler*innen mich besser kennen und sehen, dass auch ich an mir arbeite und es nicht nur von ihnen einfordere. Nichtsdestotrotz möchte ich meine Arbeit nicht darauf basieren, dass meine Schüler mich verstehen. Ich möchte auch gezielt zeigen, dass ich meine Schüler wertschätze. Dazu habe ich mir Verschiedenes überlegt.
Meine Art und Weise, Wertschätzung zu vermitteln, ist entsprechend meiner eigenen Vorlieben gestaltet. Das hier wird also keine allgemeingültige Anleitung, um Wertschätzung zu zeigen. Es wird eine Ideensammlung, wie man Wertschätzung gestalten kann. Entsprechend sind nun die folgenden Beispiele nichts, was jeder für sich umsetzbar finden muss.
- Keine Beleidigungen
„Natürlich beleidigt man sich nicht!“, werden die meisten jetzt denken. Es geht aber auch darum, dass ich nicht unterschwellig erniedrige. So würde ich meinen Schüler*innen nicht sagen: „Hast du das immer noch nicht verstanden?“. Da kann man raus hören: „Ich halte dich für doof!“ Wer nun denkt, dass manche Schüler*innen einfach doof sind, sollte dran denken: „Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus.“ Ich kann also keine Wertschätzung meiner Schüler erwarten, wenn ich sie selbst nicht vermittele. Und mit dieser Haltung wurde ich auch schon von vermeintlich dummen Schülern überrascht.
- Entschuldigen
Keiner ist perfekt. So neige ich zum Beispiel dazu, Menschen nicht ausreden zu lassen. Das ist nicht wertschätzend. Daran arbeite ich natürlich. Das lässt sich aber nicht von heute auf morgen ändern. Entsprechend bin ich auch bereit, mich zu entschuldigen. Die Schüler sollen wissen, dass kein Mensch perfekt ist und jeder an sich arbeiten muss.
- Bedanken
Ich neige dazu, mich für alles Mögliche zu bedanken, zum Beispiel wenn man mir einen Stift leiht oder wenn man mir die Tür aufhält. Ich bedanke mich auch, wenn es etwas gesellschaftlich Gefordertes ist. Ich erfahre Selbstverständliches immer seltener. Darum sollen meine Schüler*innen sehen, dass ein solches Verhalten einen Unterschied macht.
- Loben
Loben, loben, loben. Das hört man öfter bei Teach First Deutschland. Ich würde aber nicht sagen: „Holt eurer Material raus! Oh, toll, das habt ihr gut gemacht!“. Das fände ich herablassend. Ich habe aber tatsächlich Schüler*innen, bei denen ist vorhandenes Material ein Fortschritt. Dazu äußere ich mich dann auch positiv. Bei anderen ist das Material selbstverständlich. Da liegt die Grenze zum Loben woanders. Ich lobe also situationsbezogen. Aber das tue ich immer, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt.
- Klassenarbeiten – Erfolg wünschen
Ich hatte eine Lehrerin, die im Unterricht sehr harsch zu uns war. Bei Arbeiten bereitete sie aber den Raum vor und legte auf jeden Tisch ein Duplo. Das hat bei uns schon Eindruck hinterlassen. Es war eine nette Form der Wertschätzung. Meinen Schüler*innen kaufe ich keine Duplo. Stattdessen erhoffe ich mir die Erfolgsfloskel nicht nur auf der Klassenarbeit notiert vom Lehrer. Ich schreibe sie in schönster Schrift auf die Tafel, wie es im Header zu sehen ist. Dafür brauche ich auch ein paar Minuten. Aber die Schüler fragen sogar, ob ich das geschrieben hätte und schreiben auch manchmal ein kleines „Danke“ daneben.
- Material
Mein Material verziere ich ebenfalls gerne mit schönen Überschriften. Die kann man sich auch in wenigen Minuten im Internet kostenlos erstellen lassen. Dazu mag ich kleine, passende Zeichnungen. Die machen das Material viel freundlicher. Ich finde es unangenehm, lieblos gestaltete Materialien zu nutzen. So lese ich gerne Sachbücher, aber ein Sachbuch aus den Siebzigern ohne Bilder muss mich inhaltlich sehr überzeugen, damit ich es lese. Deshalb finde ich, dass ich meinen Schülern solche Materialien nicht geben kann. Entsprechend nutze ich sehr gerne meine Zeit dazu, mein Material ansehnlich zu gestalten.
- Abwechslungsreiche Stundenplanung
Letzten Endes bringe ich auch mal inhaltlich passende Spiele in den Unterricht. Ob wir die spielen, hängt teilweise davon ab, ob die Schüler*innen auch wertschätzen – also, ob die Schüler mir zuhören. Ansonsten habe ich eben eine Alternative parat. Aber auch mal ein Memory zu Anfang zu machen oder Bingo als Abschluss heißt eben für die Schüler und Schülerinnen: „Frau Langer möchte, dass uns der Unterricht gefällt!“
Es gibt viele Möglichkeiten den Schülern und Schülerinnen mitzuteilen, dass man sie wertschätzt. Wie man das anstellt, das hängt von der eigenen Person ab. Ob es funktioniert, das melden einem die Schüler aber mit Sicherheit zurück. So wie es eben meine 70 Schüler*innen auch täglich machen.
Autorin: Jacqueline Langer ist Fellow der Klasse 2017 in Köln. Sie arbeitet schwerpunktmäßig mit Schülern und Schülerinnen der Klassen 9 und 10. Zuvor hat sie Biologie in Köln und den Niederlanden studiert, sowie als Umweltpädagogin und OGS-Betreuerin Berufserfahrung gesammelt.