Zu der neuen Kooperation zwischen Teach First Deutschland und dem Sprachenzentrum der Universität Stuttgart hat Ulrike Benz, Crossmedia-Redakteurin unseres langjährigen Partners Deutsche Post DHL Group, einen Beitrag verfasst. Wir freuen uns, ihn auch auf unserem Blog veröffentlichen zu können.
Anfang September treffen sich Dozentin und ausgewählte Hochschulabsolventen zum ersten Mal. Es geht darum, motivierte Menschen auf eine besondere Aufgabe vorzubereiten: Kindern und Erwachsenen, darunter viele Flüchtlinge, Deutsch beizubringen. Einblicke in eine doppelte Premiere.
Am Montagmorgen sitzen 27 Menschen in einem Raum des Sprachenzentrums der Universität Stuttgart. Thea ist mit ihren 21 Jahren die jüngste. Die älteste ist 53, wie eine andere Fellow – so nennt Teach First Deutschland seine Teilnehmer – flüsternd verrät. Die meisten sind Mitte, Ende Zwanzig, einige kommen frisch von der Uni. „Sie sind das Sprechvorbild – Sie sind Deutschland“, stellt die Dozentin Martina Widon gleich zu Anfang klar. Widon arbeitet in der Abteilung Deutsch am Sprachenzentrum. Die Dozentin bereitet die ausgewählten Hochschulabsolventen auf ihren Einsatz als Fellow für Deutsch als Fremdsprache vor.
Bedarf an Deutschlehrern
Auf ein Jahr ist das Sprachlehrer-Programm angelegt, das Teach First Deutschland (TFD) 2016 startet, zunächst als Pilotprojekt in Baden-Württemberg. Der Partner von Deutsche Post DHL reagiert damit auf den großen Bedarf an Schulen und auch in der Erwachsenenbildung, Deutschunterricht anzubieten. Zahlreiche Flüchtlinge sind im Laufe des vergangenen Jahres in Deutschland angekommen. DPDHL engagiert sich schon seit Herbst 2015 in der Flüchtlingshilfe, dabei kooperiert der Konzern auch mit Partnern wie TFD.

„Deutsch lernen ist total wichtig, um hier zurechtzukommen und sich wohlzufühlen“, ist Lena Kessel überzeugt. Sie ist eine der künftigen Fellows im Sprachlehrer-Programm. Von Teach First Deutschland hat sie an der Universität Passau erfahren, wo sie ihr Kulturwirtschaftsstudium gerade mit Bachelor abgeschlossen hat. Ein ehemaliger Fellow habe dort einen Vortrag gehalten, erzählt Lena in der Mittagspause. Als Studentin habe sie ehrenamtlich Deutschkurse gegeben – vor allem für Erwachsene, die keinen Platz in einem Integrationskurs bekommen hatten. „Ich habe gemerkt, ich mache das Richtige“, sagt Lena. „Und es macht mir Spaß.“
Spaß haben offensichtlich alle 27 Teilnehmer, die an Tischen in U-Form sitzen. Schon morgens um 9 Uhr ist Lachen aus dem Raum zu hören, in dem die 21 Frauen und sechs Männer zusammengekommen sind. Bei der ersten praktischen Übung ertönt leises Gemurmel. Die Teilnehmer tauschen sich über Artikel und Satzstruktur aus. Widon führt temporeich durchs Programm und kommt schnell in spezielle Gebiete wie die „paradigmatische Dimension“. Unvermittelt verstummt die Uniprofessorin, weil es etwas unruhig ist. Sofort kehrt Ruhe ein.
Gespannt auf den menschlichen Austausch
Es ist ein bisschen so, wie es jeder aus der Schule oder auch von der Universität kennt. Mit einem Unterschied: Die jungen Menschen hier sind alle hochmotiviert. Das gilt für die 21 angehenden Sprachlehrer-Fellows, die für ein Jahr als Lehrkräfte arbeiten werden. Und auch für die sechs Fellows, die das zwei Jahre lange Programm durchlaufen. Sie sind ausgewählt, weil ihr Schwerpunkt auf Sprache liegt und sie eigenständig Sprachkurse leiten oder leiten werden. So auch Benedikt Rhiel, der in Lampertheim vor allem Geflüchtete unterrichten wird, die noch keinen Anspruch auf einen Integrationskurs haben. „Ich möchte eine Arbeit machen, die ich für sinnvoll halte“, erklärt der hochgewachsene schlaksige junge Mann. „Ich bin gespannt auf den menschlichen Austausch.“
Im Kleingruppenunterricht am Nachmittag müht Benedikt sich, das Wort „Stuhl“ zu erklären. Und er versucht, den anderen zu vermitteln, was es bedeutet, wenn einem etwas gefällt. „Der Stuhl gefällt mir“, sagt er, reckt den Daumen in die Höhe und macht ein mürrisches Gesicht. Die Professorin kommt nach vorne, macht ihn nach und sofort ist klar: So funktioniert es nicht. Benedikt reckt noch einmal den Daumen nach oben, dieses Mal mit breitem Grinsen.
Dass Lernen Spaß macht, ist eine der Erkenntnisse dieses ersten Tages am Sprachenzentrum der Universität Stuttgart. Genau wie Wissen vermitteln. Wobei die deutsche Sprache komplex ist: Es braucht rund 70 Wiederholungen, bis ein Wort fest sitzt. Und: In einer Unterrichtsstunden lassen sich bis zu 20 neue Wörter einführen. Kein Wunder, dass Martina Widon gleich am ersten Tag überzieht. Sie möchte den angehenden Sprachlehrer-Fellows offensichtlich so viel wie möglich mitgeben. Auch die nötige Gelassenheit: „Denken Sie daran: Kein Meister ist vom Himmel gefallen“, sagt sie bestimmt und fügt mit Nachdruck hinzu: „Sie schaffen das.“
Autorin: Ulrike Benz ist Redakteurin im Central Editorial Team der Deutschen Post. Sie schreibt dort für die interne Kommunikation über das soziale Engagement des Konzerns.